Wirtschaftsprüfer über Fachkräftemangel: „Gute Leute suchen Firmen aus, nicht umgekehrt“

Interview mit Norbert Winkeljohann, Chef der größten deutschen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Quelle: BILD)

Frankfurt – Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers halten zwei Drittel aller befragten deutschen Manager den Fachkräftemangel für eine der größten Herausforderungen der Zukunft.

55 % planen, 2012 Mitarbeiter einzustellen, gerade mal 16 % glauben, den Bedarf innerhalb von drei Jahren decken zu können. BILD sprach mit PWC-Vorstand Prof. Dr. Norbert Winkeljohann.

BILD: Wieso fehlen Fachkräfte?

Norbert Winkeljohann: „Die deutschen Unternehmen waren im vergangenen Jahr sehr erfolgreich und haben auch längerfristig volle Auftragsbücher. Das führt dazu, dass es nicht genügend Fachkräfte gibt, die die Arbeit erledigen. Der Fachkräftemangel ist so gesehen eine moderne Form der Wachstumsbegrenzung.“

BILD: Geht der Mangel durch alle Branchen?

Winkeljohann: „Grundsätzlich ja, aber mit unterschiedlichen Ausprägungen: Viele mittelständische Unternehmen sind besonders betroffen, aber auch die Automobilindustrie, der Maschinenbau oder der Dienstleistungssektor, unser Unternehmen eingeschlossen.“

BILD: Wie löst man das Problem?

Winkeljohann: „Der Kampf um zukünftige Mitarbeiter beginnt heute schon an den Unis, wo man versucht, Talente mit attraktiven Angeboten auf sein Unternehmen aufmerksam zu machen. Es ist nicht mehr so wie früher, dass wir uns die guten Leute aussuchen, sondern die guten Leute suchen sich uns aus. Es geht aber auch darum, wie man gute Kräfte im Unternehmen hält …“

BILD: … Mangel und Konkurrenz treiben die Preise.

Winkeljohann: „Eben. Das zieht sich bis zu den Gewerkschaften, die berechtigterweise Forderungen damit verknüpfen. Aber das ist nicht alles. Schon die Einstiegsgehälter sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Dazu werden die Firmen deutlich kreativer bei der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes. Das geht von Sabbaticals, Heimarbeitsplätzen und Flexibilisierung der Arbeitszeiten bis zu besonderen Fortbildungsangeboten.“

BILD: Klingt paradiesisch für die Arbeitnehmer.

Winkeljohann: „Absolut. Die Aussichten für sie sind gut.“